Unilever PLC – Mit der Restruktuierung in der Krise aus der Krise?

CEO Alan Jope gab Ende September bekannt, das Unternehmen Ende 2023 zu verlassen. Seit 2018 befindet sich der Konzern bereits in einer Koordinierungsphase. Nun folgt eine klare Restrukturierung mit Nelson Peltz und seinem Hedgefond Trian. Warum sollte nun gerade Unilever in dieser Marktlage interessant sein?

Inhaltsverzeichnis

  1. Das Unternehmen
    Geschäftsmodell + Unternehmensstrategie
  1. Fundamentalanalyse
    1. Entwicklung Umsatz + Marge
    2. Entwicklung Cash-Flow + Gewinn
    3. Bilanzielle Bewertung
    4. Dividende
    5. Zusammenfassende Bewertung
  2. Charttechnische Bewertung
  3. Chancen und Risiken
    1. Chancen
    2. Risiken
  4. Fazit
Unilever PLC
ISIN GB00B10RZP78
Branche Konsum unzyklisch
Sektor Pflegeprodukte
Börsenwert 101,05 Mrd. GBP
Dividende/Aktie 1,41 GBP
Div.wachst. 10 J. 6,83% p.a.

1. Das Geschäftsmodell

Unilever agiert in über 190 Ländern weltweit und steht mit über 400 verschiedenen Marken an Platz vier der größten Konsumgüterhersteller. Das Geschäftsmodell des Konzerns war bis dato in drei Bereiche gegliedert. Lebensmittel & Erfrischung, Schönheit & Körperpflege und Haushaltsprodukte.

Regionenverteilung unilever
Geschäftsmodell Quelle: Aktienfinder

Seit 2018 sind die Gesamtumsätze von Unilever fast konstant bis leicht rückläufig. Das trifft ebenfalls auch die Margen zu. Schwankungen sind in der Branche keine Seltenheit. Das Unternehmen geht nun aber einen neuen Weg.
Zum aktuellen Quartal restrukturiert Unilever seine Geschäftsbereiche wie folgt:

Schönheit & Wohlbefinden

Körperpflege

Haushaltsprodukte

Ernährung

Eiscreme

neuestruktur unilever
Gliederung der neuen Geschäftsbereiche Quelle: Unilever

Dadurch soll ca. 0,6 Mrd. GBP Kosten eingespart werden können. Das Management kann effizienter arbeiten und individuell auf die Geschäftsbereiche eingehen. Auch wurde zuletzt die Teesparte Ekaterra mit seinen 34 Marken für 4,5 Mrd. Euro an den Finanzinvestor CVC Partners verkauft. Die Transaktion soll in dieser Jahreshälfte abgeschlossen werden können.

Unilever konzentriert sich zunehmend auf die Straffung der Konzerngeschäftsbereiche. Das Thema Nachhaltigkeit wird ebenfalls sehr ernst genommen – „Nachhaltiges Leben alltäglich zu machen“ – der Leitsatz des Konzerns.

Geschäftsmodell unilever
Geschäftsmodell Unilever Quelle: Unilever

Nachdem Nelson Peltz Anfang Januar in das Unternehmen einstieg, zeigen sich langsam die Fortschritte. Seit Mai hält er zudem einen Sitz im Aufsichtsrat. Zuvor hatte er über vier Jahre hinweg Procter&Gamble, die in der gleichen Branche tätig sind, zu einer neuen Führungsstruktur und Kostenoptimierung verholfen.

2. Fundamentalanalyse

Über die nächsten Quartale hinweg werden die Kennzahlen der aufgegliederten Geschäftsbereiche besonders interessant. Zunächst gilt es allerdings, den Blick auf die bestehenden Fundamentaldaten zu werfen.

2.1. Entwicklung von Umsatz und Marge

Der Median der vergangenen Jahre zeigt einen langsamen aber kontinuierlichen Anstieg der Umsätze. Der Analystenprognose zufolge kann der Umsatz nach der aktuellen Flaute wieder neue Rekordstände erreichen.
Zwar weist auch der Margenkonsens Schwankungen auf, doch das Unternehmen kann weiterhin seine Margen grundsätzlich vergrößern. Höhere Zinsen auf die Kredite und die Inflation können allerdings kurzfristig die Margen trüben.
Bedingt durch den starken Inflationsdruck, nimmt das Kaufvolumen der Produkte ab. Unilever kann aber durch die Preissteigerungen, die im Schnitt 8,1% betragen, das niedrigere Kaufvolumen derzeit vollständig abfedern.

Mit einer zweistelligen Nettomarge ist das Unternehmen für Fast-Moving Consumer Goods (sich schnell verkaufende und wiederbestellbare Konsumgüter), wie Hygieneartikel und Kosmetik, gut aufgestellt.

Umsatzmarge unilever
Umsatz und Margen Quelle: Aktienfinder

2.2. Entwicklung von Cash-Flow und Gewinn

Im Schaubild ist zu sehen, dass Unilever einen konstanten Gewinn erwirtschaften kann. Seit 2018 verharrt dieser allerdings auf einem hohen gleichbleibenden Niveau. Hintergrund sind unter anderem die Beeinflussung durch das Wechselwährungsrisiko des britischen Pfunds sowie des erhöhten Steuersatzes im aktuellen Bilanzjahr aufgrund des Ekaterra Verkaufs. Dennoch kann Unilever einen stetigen Wachstumskurs der Kennzahlen verzeichnen.

gewinn unilever
Gewinn und Cash-Flow Entwicklung Quelle: Aktienfinder

2.3. Bilanzielle Bewertung

Die Bilanz von Unilever konnte ebenfalls stetig wachsen. Seit 2013 nahm der Konzern 40% an verzinsten Fremdkapital auf, das liegt aber im Durschnitt der Konkurrenz. Auch dieses Jahr wurden die Schulden ebenso für die Restrukturierung genutzt. Das Management plant dafür dieses Jahr dafür 1 Mrd. GBP. Dennoch könnte Unilever in nur 16 Jahren seine Schulden vollständig tilgen. Zum Vergleich, der Branchenführer Nestle bräuchte 322 Jahre.

bilanz unilever
Bilanz Unilever Quelle: Aktienfinder

Der Goodwillanteil ist zwar höher, dennoch überschaubar. Über die letzten 20 Jahre hinweg hatte das Unternehmen immer wieder eine höhere Risikoposition aus den Zukäufen. Große Abschreibungen dürften nicht anstehen.
Obwohl Unilever zwar Schulden erhöht, so erhöhen sie ebenfalls die Tilgungskraft gleichermaßen.

bilanzzahlen unilever
Bilanzzahlen Unilever Quelle: Aktienfinder

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2.4. Dividende

Die aktuelle Dividende von Unilever dürfte für das Jahr Schätzungen zufolge bei 1,44 GBP liegen. Das Unternehmen kürzte damit leicht die Ausschüttungen an die Aktionäre im Vergleich zum Vorjahr um 2,7%. Ein ähnliches Vorgehen gab es im Jahr 2014/2015.
Das Management versucht damit die Restrukturierung nicht nur aus Fremdmitteln zu finanzieren, selbst wenn die geringe Dividendenkürzung nur einen Beitrag von ca. 102 Millionen Pfund beisteuert.

IInsgesamt leistet Unilever aber eine aktionärsfreundliche Dividendenpolitik. In den Folgejahren rechnen die Analysten bereits erneut mit einer Anhebung der Ausschüttung.

Der Freie Cash-Flow würde das ebenfalls zulassen. Im Schnitt der letzten 10 Jahre etablierte sich ein jährlicher Zuwachs der Dividende von 6,83% bei einer Pay-Out Ratio von ca. 70%.

Dividende Unilever
Dividendenkennzahlen Unilever Quelle: Aktienfinder

2.5. Zusammenfassende Bewertung

Blick man wenige Jahre in die Zukunft, ist den Prognosen zufolge Kursphantasie zuzutrauen. Bei einem Betrachtungszeitraum von wenigen Jahren sind es knapp 20 – 30% Upside-Potential. Der Kurs der Aktienanteile liegt aktuell aber nur knapp unter den Fair-Value des bereinigten Gewinns und Cash-Flows. Zum heutigen Zeitpunkt müsste man für die Wertpapiere ein KGV von 17,5 bezahlen.

Die Dividendenrendite liegt mit 3,7% über dem Durschnitt seit dem Jahr 2013.

Fairvalue Unilever
Aktuelle Bewertung Quelle: Aktienfinder

3. Charttechnische Bewertung

Im langfristigen Chartbild konnte das Wertpapier im September 2019 ein neues Rekordhoch erreichen. Seither korrigierte die Aktie in der Spitze um mehr als 35%.

Eine spannende Umkehrformation wurde im März dieses Jahres beobachtet. Die Aktie fiel in den Supportbereich von 33 GBP. Dort befand sich, neben dem 50% Retracement – die Fibonacci Zielprojektion von 100%. Zugleich konnte die Trendkanallinie einer potentiellen bullischen Flagge (Trendfortsetzungsformation) touchiert werden. Seit diesem Zeitpunkt konnten die Anteilsscheine um mehr als 15% zulegen. Wichtig dabei war, dass Unilever den wichtigen Unterstützungsbereich von 37 GBP zurückerobern konnte.

Nun ist es aber so, dass das Wertpapier in Mitten dieser charttechnischen Formation steckt. Weder bullisch noch bärisch könnte man sie derzeit gewichten. Kann der Kurs jedoch 43,50 GBP überwinden, dürfte ein Angriff auf das Allzeithoch von 53,42 GPB stattfinden.

Erst mit einem neuen Jahrestief schwinden die bullischen Avancen und der Supportbereich von 29,10 bis 30,75 GBP könnte zum Tragen kommen.

unilever Kurs
Wochenchart Chart: Stock3

Im Tageschart sieht es nicht wirklich brauchbarer aus. Kurzfristig könnte es sich allerdings um eine Trendwendeformation handeln. Sollte die Unterstützung von 38,65 GBP aufgegeben werden, sind durchaus Kursstände von 37 GBP möglich.

Das trifft in etwa die Zielzone des möglichen Doppeltops. Inwieweit die Marktteilnehmer die Aktie dann für kaufenswert halten, bleibt abzuwarten. Das Kurslevel ist jedenfalls spannend.

Unilever Chart
Tageschart Quelle: Stock3

4. Chancen und Risiken

Chancen

Unilever positioniert sich zunehmend stärker im Konkurrenzumfeld. Im Vergleich zu den Rivalen wie Nestle oder Procter&Gamble wächst die Bilanz organisch konstant.

Durch die geplante Restrukturierung können Ersparnisse auf der Kostenseite geschaffen werden. Auch konzentriert sich der Konzern weiter auf die starken und profitablen Marken. Nicht zuletzt deshalb hat man sich für den Verkauf der Teesparte Ekaterra ausgesprochen. Insgesamt dürften sich die Margen in den kommenden Jahren weiter leicht erhöhen.

Der Konzern ist breit aufgestellt und deckt nahezu alle Fast-Moving Consumer Goods ab.

Unilever reizt mit einer attraktiven Bewertung und einer nachhaltigen Dividendenpolitik im aktuellen Marktumfeld.

Risiken

Es ist auch durch den beteiligten Hedgefond nicht garantiert, dass die Restrukturierung zu einer verbesserten Finanzpolitik führen kann. Blickt man jedoch auf Procter&Gamble zurück, hat Nelson Peltz ganze Arbeit geleistet.

Kurzfristig muss man bedenken, dass die Nachfrage, selbst in der Konsumgüterbranche noch weiter sinken kann. Unilever kann das aber aktuell mit Preissteigerungen weitgehend kompensieren.

5. Fazit

Das Unternehmen ist fundamental in guter Verfassung, auch vor der laufenden Restrukturierung. Die Schuldenquote halte ich aufgrund der geringen Tilgungsjahre für vollkommen vertretbar. Es ist gut möglich, dass wir das Tief in dieser Aktie mit 32,64 GBP im März bereits gesehen haben. Zwar könnten sich immer wieder Zwischenkorrekturen ergeben, doch ein neues Jahrestief halte ich aktuell für unwahrscheinlich.

Auch gefällt mir die Dividendenpolitik des Konzerns. Selbst wenn die ein oder andere Kürzung dabei war, das Management reagiert damit auf das aktuelle Finanzumfeld und setzt Finanzstabilität vor Dividendenauschüttungen.

Disclaimer:
Alle zur Verfügung gestellten Informationen (Kommentare, Hinweise, Ratschläge etc.) dienen allein der finanziellen Bildung und als Denkanstöße. Sie sind nicht als persönliche Anlageberatung zu verstehen. Wir übernehmen keinerlei Haftung für Anlageentscheidungen, die du aufgrund der hier präsentierten Informationen triffst.

Es besteht die Möglichkeit eines Interessenkonflikts. Der Autor könnte im besprochenen Wertpapier investiert sein.

Lill Christian
Christian Lill

Langjähriger Investor und Trader, CFTe (Certified Financial Technician)

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